Tagebuch einer Schienen-Kreuzfahrt
Mit dem Rovos Rail von Dar Es Saalam nach Kapstadt – Der Weg ist das Ziel !
Tag der Abreise – Hakuna Matata
07.00h früh
Mein Handy läutet. Schlaftrunken und ohne Brille – daher erkenne ich auch nicht, wer anruft – wische ich über das Display. In derselben Sekunde bin ich putzmunter. Der Anrufer ist mein Reisebegleiter, der mir mitteilt, dass er mit Nierenkolik im Spital liegt.
Raus aus dem Bett! Der mit viel Aufwand gepackte Koffer muss umgepackt werden, hatte ich doch geplant, einige Utensilien wie z. B. Medikamente auf zwei Personen aufzuteilen. Alle Kleidungsstücke sind zu kleinen Kegeln gerollt und übereinander angeordnet. 19 Tage wollte ich mit wenig Gepäck, gerüstet für jede Witterung, auskommen. Gott sei Dank muss ich mir über den sonst am Rovos Rail üblichen Dinner-Dresscode – Smoking und Cocktailkleid – keine Gedanken machen. Beim vom Berliner Veranstalter Lernidee Erlebnisreisen gecharterten Zug geht´s weniger förmlich zu.
Meine nächste „Sorge“: Wie wird mich die Reisegruppe als "Single Lady" aufnehmen? Sind überhaupt Alleinreisende bei der Gruppe dabei, oder bin ich die Einzige? Hakuna matata (Die Sorgen bleiben Dir fern…)
1. Tag: Dar Es Salaam – „Jambo“ (Hallo!)
Nach einem Nachtflug und einer Nächtigung im Hotel Hilton in Dar Es Salaam stellen sich meine Befürchtungen gleich einmal als unbegründet heraus. Das Essen ist fantastisch, der Wein ebenso, die Atmosphäre sehr locker. Wir stellen uns gegenseitig mit Vornamen vor und im Laufe unserer Abendunterhaltung stelle ich fest, dass die Mitreisenden nicht nur sehr sympathisch, sondern auch extrem weit gereist und welterfahren sind. Alle sprechen deutsch, auch wenn sie anderen Nationalitäten angehören. Unsere Gruppe umfasst 36 Personen. Betreut werden wir in den nächsten Wochen von Monika und Bianca, zwei südafrikanischen Reiseleiterinnen deutscher Herkunft, die sich uns während des Abendessens vorstellen.
2. Tag: Dar Es Salaam und Mr. Universe
Unser erster Ausflug führt uns nach Bagamoyo, 70 km von Dar Es Salaam entfernt. Bagamoyo, ehemalige Hauptstadt der Kolonie Deutsch-Südostafrika, war einst der bedeutendste Hafen für den Sklaven- und Elfenbeinhandel.
Der örtliche Reiseleiter, ein Schwarzer, stellt sich in unserem Bus folgendermaßen vor: "I am Mr. Universe und ich erzähle Ihnen über Tansania, was sie in keinem Reiseführer finden werden." Er spricht englisch und Monika, unsere Reiseleiterin, übersetzt.
Der Morgenverkehr wälzt sich durch das Zentrum der Stadt. Es ist eine hektische Mischung aus allem was auf Rädern fahren kann. Eine Verkehrsordnung ist für uns europäische Autofahrer nicht zu erkennen. Wie genießen den Bus, schauen und fotografieren.
An den Straßenrändern befinden sich unzählige Verkaufsstände. Man könnte sagen, es handelt sich um einen kilometerlangen Supermarkt, unterteilt in Miniverkaufsstände mit allen zum Leben notwendigen Konsumgütern. Sollte ich ein Doppelbett inklusive Matratze benötigen – kein Problem, es steht unter dem geschützten Dach einer Tankstelle; die Zimmertüren und Sitzgarnituren gibt es gleich daneben und die Ziegel und Zementsäcke für den Hausbau ebenfalls. Jede Menge an Kleidung, „second hand“ aus Europa, Räder und Mopeds aus China sowie Obst und Gemüse aus der Gegend werden angeboten.
- Es gibt in Tansania keine Sozialhilfe, d.h. jeder ist für sich selbst und seine Familie verantwortlich. Meist leben drei Generationen unter einem Dach. Ein Großteil der Bevölkerung sind Händler, die überall versuchen ihre Waren zu verkaufen.
- Gekocht wird bei den meisten Familien mit Holzkohle, welche ebenfalls am Straßenrand, gleich neben den Möbeln angeboten wird. Strom ist für viele Menschen zu teuer. Das Resultat sind großflächige Abholzungen und zu wenig Aufforstung.
- Die Todesursachen sind an erster Stelle Verkehrsunfälle, vor allem mit den Motorrädern, welche auch als Taxis dienen, und an zweiter Stelle AIDS. Die Krankheit ist durch Aufklärung in den letzten 20 Jahren rückläufig, die Lebenserwartung ist von 40 auf 60 Jahre angestiegen.
- Bereits an den Schulen werden Kondome an Jugendliche verteilt, diese werden jedoch oft missbräuchlich verwendet, denn das darin befindliche Öl ist bei den Mädchen als Haarkur sehr beliebt.
- Die meisten Afrikanerinnen tragen Perücken. Um die Optik zu verändern besitzen sie davon gleich mehrere. Was es manchmal erschwert, die Dame bei einem Rendezvous wiederzuerkennen.
- Einen enormen Aufschwung in der Entwicklung brachte die technische Errungenschaft des Handys in den 90iger Jahren. Es gab vorher in den ländlichen Gebieten keine Telefonverbindung. O-Ton Mr. Universe: "Von der Buschtrommel zum Handy!"
- An den Schulen wird mit Tablets unterrichtet, die von großen Firmen gesponsert werden; diese ersetzen die fehlenden Bibliotheken. Es gibt sehr hilfreiche Apps z.B. für Geldtransfers und vieles mehr, was das tägliche Leben extrem erleichtert.
- Wirtschaft: Mit der Wirtschaft geht es eindeutig bergauf. Die großen Geschäfte werden mit China (Schienenbau) und Japan (Straßenbau) abgewickelt. Auf den Straßen fahren fast ausschließlich japanische Autos. Es herrscht Linksverkehr.
Bevor uns Mr. Universe verlässt stellt er sich noch begeistert für ein einige Fotos und Selfies zur Verfügung.
3. Tag: Willkommen an Bord des Rovos Rail
Ich stelle meinen Koffer vor meine Zimmertüre, versehen mit dem Rovos Rail Kofferanhänger, auf dem mein Name und meine Zugkabine vermerkt sind. Ein Wiedersehen mit meinem Gepäck gibt es erst wieder in meinem Zugabteil. Nach einer kurzen Fahrt durch das Zentrum von Dar Es Salaam und einem ebenso kurzen Besuch der Kunst-Kooperative "Tinga Tinga", wo mittels Autolackfarben sehr hübsche Bilder mit afrikanischen Motiven gemalt werden, treffen wir am TaZaRa Bahnhof ein.
Dar Es Salaam bildet das nördliche Ende der 6.100km langen Kapspur/Schmalspur, auf der wir durch fünf Länder bis an die Südwestspitze des Kontinents reisen.
Der rote Teppich vor dem Zugeinstieg ist ausgerollt, wir werden mit einem Glas Champagner und rhythmischer afrikanischer Musik, getrommelt auf leeren Ölfässern, empfangen. Die Waggonhostessen begleiten jeden Gast zu seiner Kabine und erklären deren Funktionalität. Es gibt fast jeden erdenklichen Komfort in meiner 14m2 großen Pullman Kabine. Was uns in den nächsten zwei Wochen jedoch nicht zur Verfügung steht sind Internet, Radio und Fernseher. Das Interieur der edlen Waggons spiegelt das romantische Ambiente der Viktorianischen Epoche wider.
Auch wenn es im Film nicht der Rovos Rail sondern der Orient Express war, beschleicht mich das Gefühl, 90 Jahre zurück versetzt worden zu sein. Gezogen von zwei Dieselloks rollt der 600m lange Luxuszug langsam aus dem TaZaRa Bahnhof Richtung Süden.
Wir beginnen unsere Zugfahrt in einem der Restaurantwaggons mit einem 4 gängigen Mittagsmenü, perfekt serviert vom südafrikanischen Servicepersonal. Das Essen ist haubenverdächtig gut, leicht, bekömmlich und die Portionen nicht allzu groß. Wer nachmittags wieder hungrig ist, kann sich bei High Tea und Fingersandwiches laben.
Unsere Reiseleiterinnen halten im Lounge-Wagen einen Vortrag über den bevorstehenden Ausflug am kommenden Tag. Eine Pirschfahrt in das Selous Game Reserve steht auf dem Programm. Selous ist Afrikas größter Wildschutzpark, größer als die Schweiz, und wurde nach dem berühmten Großwildjäger Frederik Selous benannt. Der Park wird nur von ca. 5.000 Touristen pro Jahr besucht – und wir sind dabei!!
28% von Tansania sind Naturschutzgebiet.
4. Tag: Auf Safari – auf Suaheli „Gute Fahrt!“
Früh morgens werden wir direkt am Zug von Geländefahrzeugen abgeholt. Zu acht teilen wir uns ein Auto. Das Dach ist abgehoben d.h. zum Fotografieren können wir, sofern das Auto hält, aufstehen. Los geht´s! Bitte festhalten und anschnallen: Da nur wenige Touristen dieses Reservat besuchen ist der Zustand der "Straßen" sehr ursprünglich und wir haben Glück, dass die vielen ausgefahrenen Rinnen und Flussbetten nicht mit Wasser gefüllt sind. Dafür werden wir umso mehr belohnt, was die Natur und das Aufkommen der Tiere betrifft. Vögel, Antilopen, Giraffen, Gnus, Flusspferde, Warzenschweine, Paviane, Krokodile und jede Menge an Löwinnen lassen sich aus nächster Nähe beobachten.
Ich sitze am Fenster meines Abteils, das Tablet auf dem aufklappbaren Tischchen und schreibe. Das Pfeifen der Lokomotive lenkt mich immer wieder ab. Warum diese Signale? Wir fahren durch dünn besiedeltes Gebiet. Niedrige Lehmbauten mit bunten Wellblechdächern stehen in geringem Abstand zu den Geleisen. Viele Kinder laufen wild gestikulierend, quietschend und lachend entlang der Schienen, um den Zug und die Mitreisenden genauer zu betrachten. Wir beugen uns mit den Kameras aus den Fenstern (nur in Fahrtrichtung!!) um dieses „andere“ Leben festzuhalten. Die Einheimischen halten ihre Handys zum Filmen hoch und wir winken einander enthusiastisch zu. Zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30km/h aneinander vorbei.
Der Zug ist, wie bereits erwähnt, 600m lang und hat 21 Waggons. Mein Abteil befindet sich im hinteren Teil des Zuges. Ein Mitreisender aktiviert aus Interesse seinen Schrittzähler. Es ist kaum zu glauben, aber wir legen pro Tag ca. 5.000 bis 6.000 kleine Schritte zurück – immer das Schaukeln des Zuges ausbalancierend.
5. und 6. Tag: Über das Rift Valley nach Sambia
Noch etwas schlaftrunken gehe ich ins Bad und anstatt das Licht anzudrehen, öffne ich die Fensterrollos, um einen kurzen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft zu werfen. Eine traumhaft schöne Szenerie breitet sich vor meinen Augen aus. Ich schlüpfe schnell in den dicken, flauschigen Rovos Rail Bademantel und lehne mich, die Kamera in der Hand, aus dem Fenster. Der Zug klettert langsam die kurvenreiche Strecke nach Mbeya hinauf und fährt durch das Rift Valley, den großen, afrikanischen Grabenbruch Richtung Sambia. Eine fantastische Strecke. Er windet sich Steilhänge entlang, fährt durch 23 Tunnel und über 300 Brücken.
Nach dem Frühstück mache ich es mir auf der Aussichtsplattform des Observation Cars bequem. Der Tag verläuft mit Schauen, Winken und Essen. Entlang der Bahnstrecke wieder viele kleine Dörfer. Die Hütten sind jetzt mit Stroh gedeckte Rundbauten umgeben von kleinen Gemüsegärten. Alles penibelst sauber. Im Gegensatz dazu stehen die öffentlichen Plätze, welche teilweise mit Unrat übersät sind.
In Kasama verlassen wir den Zug und fahren mit Bussen zu den Chisimba - Wasserfällen des Lwonde-Flusses. Ein einzigartiges Naturspektakel. Wir haben Zeit zum Wandern und klettern etwas waghalsig über den felsigen Untergrund, um die spektakulärsten Fotos zu schießen.
7. und 8. Tag: Durch Sambia
Zwei Tage Zugfahrt liegen vor uns. Langweilig? Nein, ganz im Gegenteil. Durch ausgedehnte Miombowälder geht die Reise bis Kanona. In Kapiri Mposhi wechselt der Zug von der TaZaRa-Strecke, erbaut von den Chinesen, auf die alte koloniale Bahnstrecke, einst erbaut nach den Plänen von Cecil Rhodes. Die Strecke sollte ursprünglich bis nach Kairo führen, wurde aber nie fertiggestellt.
Um unser Afrikawissen zu erweitern halten Bianca und Monika spannende Vorträge in einem der Lounge-Wagen (z.B. über David Livingstone, Sambia, Cecil Rhodes und Simbabwe). Abends, während das Essen serviert wird, merken wir, wie schlecht auf diesem Streckenabschnitt die Geleise sind. Der Zug schaukelt, ruckelt und springt. Unsere südafrikanischen Servicekräfte balancieren die Bewegungen des Zuges gekonnt aus und wir bereiten uns auf eine etwas unruhige Nacht vor.
Der Zug befährt diese Strecke auf Grund der Schienenbeschaffenheit mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 15km/h.
09. + 10. Tag: Simbabwe / Viktoriafälle + Botswana / Safari
Heute tauschen wir unser schaukelndes Zugbett für eine Nacht gegen ein sehr bequemes Bett in der Chobe Safari Lodge aus. Für das bisschen Gepäck, das wir für die Nächtigung benötigen, bekommen wir eine kleine, sehr schicke Reisetasche zur Verfügung gestellt. Diese dürfen wir als Souvenir behalten.
Doch bevor es soweit ist, hält der Zug auf der Brücke, die Sambia mit Simbabwe verbindet.
Vom Viktoria Falls Bahnhof aus unternehmen wir einen ca. eineinhalbstündigen Ausflug entlang der Absturzkante des Flusses. Wir wandern auf schmalen Pfaden durch den Regenwald und sind fasziniert von dem Wasserspektakel, das sich uns bietet.
Nicht einmal die aufsteigende Gischt, welche uns und unsere Kameras immer wieder mit Sprühregen einnässt, kann uns vom Fotografieren abhalten.
Heute gibt es nur ein Lunchpaket, das wir im Bus zu uns nehmen, denn weiter geht´s über die Grenze nach Botswana. Nach 1,5-stündiger Fahrzeit erreichen wir unsere Safari Lodge, direkt am Chobe-Fluss.
Am Gelände der sehr naturverbundenen Lodge befinden sich Warntafeln "Be aware of hippos or crocodiles". Die Kanäle, die das Gelände der Lodge durchziehen, sind auf Grund der Jahreszeit (Oktober) jedoch wasserlos und daher ohne Krokodile und Nilpferde. Dafür treffe ich auf meinem Spaziergang auf jede Menge an Warzenschweinen, die auf den Vorderbeinen kniend nach Nahrung suchen, auf kleine Antilopen und auf einen Waran, der nach Insekten Ausschau hält.
Für unsere Pirschfahrt am späteren Nachmittag besteigen wir ein kleines Schiff. Es gibt in diesem Gebiet unzählige Inseln im Fluss und alle Tiere, die des Schwimmens mächtig sind, halten sich dort auf. Mit dem Schiff gleiten wir lautlos durch das Wasser und kommen dadurch bis auf wenige Meter, ja fast zum Streicheln nah, an die Elefanten, Nilpferde, Krokodile, Gazellen, Büffel und Affen heran. Der Bootsauflug endet mit einem afrikanischen Sonnenuntergang, den wir mit einem Glas Champagner in der Hand bewundern.
Ein exquisites Abendbuffet unter freiem Himmel, ein herrliches, breites Bett und nochmals eine Morgensafari am Fluss runden diese zwei erlebnisreichen Tage ab.
11. Tag: Am Zug
Wir rollen mit dem Zug von Simbabwe nach Botswana. Die Schienen sind besser, wir haben eine ruhige Nacht. Untertags hören wir heute wieder interessante Vorträge über Südafrika und sitzen die meiste Zeit im Observation Car auf der offenen Plattform. Wir plaudern, diskutieren, und erzählen einander von den vielen unterschiedlichen Ländern, die die meisten von uns bereits bereist haben. Wir sind so vertieft in unsere Gespräche, dass wir vergessen, die Elefanten und Giraffen entlang der Strecke zu fotografieren. Es zeigt, wie sehr wir uns bereits an die fremde Umgebung gewöhnt haben.
12. und 13. Tag Safaris in Madikwe / Südafrika
Wir packen wieder unsere kleinen, dunkelgrünen Reisetaschen für die nächsten zwei Nächte. Was wird uns jetzt erwarten, sind die vorherigen Tiererlebnisse noch zu toppen?
Wir fahren mit den Bussen nach Madikwe, Südafrikas viertgrößtes Wildschutzgebiet mit 75.000ha. Dieses Wildreservat abseits der touristischen Routen zählt zu den Geheimtipps im südlichen Afrika.
Beim Eingang des Reservats steigen wir jeweils zu acht auf kleine Jeeps um, begleitet werden wir von Rangern. Es gibt 31 Lodges in diesem Reservat, alle sind klein und haben eine künstliche Wasserstelle. Die Lodges sind der Natur angepasst; sie sind kaum sichtbar und wurden meist aus Naturmaterialen errichtet. Meine Dusche ist an den Bungalow angebaut, anstatt des Plafonds gibt es den afrikanischen Sternenhimmel. Wir nehmen den Nachmittagstee auf der Terrasse der Lodge mit Blick auf die Wasserstelle ein und trauen unseren Augen nicht. Vor uns am gegenüberliegenden Ufer befinden sich mehrere Herden von Elefanten, gemischt mit Gnus, Zebras, Warzenschweinen, Wasservögeln und einigen Krokodilen.
Die Elefanten trinken und spielen, die Kleinen kuscheln mit den Müttern, welche wiederum ganz zart mit dem Rüssel über deren Rücken streichen und sie mit Sand und Matsch als Schutz gegen die Sonne einreiben. Alles in einer Distanz, die auch auf einer normalen Digitalkamera bzw. am Handy scharfe Bilder ermöglicht. Während unserer vier Safarifahrten (morgens und abends) sehen wir fast die gesamte afrikanische Tierwelt wie sie spielt, kämpft und flüchtet, ihre Beute verzehrt und gesättigt döst. Ein unglaubliches Schauspiel, das wir hier erleben dürfen.
14. Tag Capital Park, Pretoria
„Shaun“, die restaurierte Dampflokomotive aus dem Jahr 1948, dockt am Ende unseres Zuges an und zieht uns langsam in den Bahnhof „Capital-Park“, den Heimatbahnhof von Rovos Rail. Mit viel schwarzem Rauch und lautem Pfeifen wird unsere Ankunft angekündigt.
Der Bahnhof, im Stil der 30iger Jahre erbaut, wurde 1999 liebevoll renoviert und ist nicht nur Heimat für die alten Loks und Waggons, denen hier wieder neues Leben eingehaucht wird, sondern ist auch Heimat vieler herrenloser Tiere. Was mit einem Esel begann hat sich zu einem respektablen Tierpark gemausert. Sträuße, Esel, Alpakas, Gänse und Pfaue laufen über das Gelände. Der Geschäftsführer von Rovos Rail erzählt uns sehr enthusiastisch und mit viel Stolz die Geschichte des Zuges.
Rohan Vos, ein südafrikanischer Geschäftsmann, gründete 1989 das Unternehmen und schuf mit viel technischem Wissen und Liebe zum Detail, gepaart mit einem guten Geschäftssinn, einen der luxuriösesten Züge weltweit.
„Wir haben uns bemüht, das Ambiente eines englischen Country Clubs des frühen 20. Jahrhunderts neu zu schaffen, aber mit dem Augenmerk auf modernen Komfort“ erklärt Rohan Vos.
Heute besitzt der 73 jährige 5 Züge, 75 Waggons, mehrere Hotels und führt 150 Touren pro Jahr durch. Nicht nur durch das südliche Afrika, sondern auch durch Namibia. Derzeit arbeitet er an einer Zugreise vom Kap bis nach Angola.
Die Tische fürs Mittagessen stehen perfekt eingedeckt neben den Geleisen und während wir das Essen genießen beobachten wir, wie unser Zug für die letzten Kilometer unserer Reise geputzt, gewaschen und „frisiert“ wird. Nicht nur innen, auch außen MUSS alles glänzen!
15. Tag: Kimberley
Der Zug hält im historischen Bahnhof von Kimberley. Die kleine Stadt erlebte Ende des 19. Jahrhunderts einen wahren Diamantenrausch, aus dem das heute noch existierende Diamantenimperium De Beers hervorging. Wir besichtigen die liebevoll restaurierten Originalgebäude und werfen einen Blick in das "Big Hole". Aus diesem wurden bis 1914 nahezu 15 Mio. Karat gefördert. Es ist das größte je von Menschenhand gegrabene Loch. Wir tun uns sehr schwer den funkelnden Souvenirs zu widerstehen.
Weiter geht´s durch endlose Buschsavanne Richtung Kapstadt. Die Nächte sind empfindlich kühler geworden. Die von meiner Abteilhostess fürsorglich bereit gelegte Daunendecke fand nachts Verwendung und die bis jetzt kühlende Klimaanlage stellte sich automatisch auf Heizen um.
Der heutige letzte Abend am Zug verspricht, dem Interieur angepasst, elegant zu werden. Auf meinem Bett liegt eine Einladung zu einem Cocktailabend im Aussichtswagen. Der Einladung beigelegt ist eine mit Federn und Strass bestückte, sehr geschmackvolle Augenmaske. Ich sondiere meine Garderobe und versuche mein Bestes zu geben.
Hunderte bunte Gasluftballons schmücken den Plafond des Lounge-Wagens. Auf dem Tresen stehen Cocktails in unvorstellbar kitschigen Farben. Die Musik, dem Alter unserer Reisegruppe angepasst, stammt aus den 80iger Jahren. Wir tanzen ausgelassen, durch die Zugsbewegung und diverse Drinks leicht beeinträchtigt, bis weit nach Mitternacht.
16. + 17.Tag: Kapstadt
Um 08.00h früh stoppt der Zug auf offener Strecke und wer will kann die letzten 5 km nach Matjiesfontein, einem kleinen viktorianischen Städtchen, zu Fuß laufen. Wider Erwarten nehmen viele Gäste, trotz des vorangegangenen Abends, dieses Angebot an. In diesem kleinen „Freilichtmuseum“ gibt es ein Hotel, ein Pub, ein Postamt, alles im britischen Kolonialstil originalgetreu erhalten. Heutzutage werden diese Gebäude sehr gerne für Hochzeiten, Seminare und andere Veranstaltungen gemietet.
Die Landschaft Richtung Kapstadt wird immer grüner und gebirgiger. Nachdem der Zug die Tunnel der Hex River-Berge passiert hat, befinden wir uns im sattgrünen Weinland.
Immer mehr kreuz und quer verlaufende Schienenstränge und Weichen verkünden die Einfahrt in den Kapstädter Bahnhof. Unsere Koffer stehen fertig gepackt im Abteil und warten auf Abholung für die letzte Nacht im Hotel.
Endstation Kapstadt! Rohan Vos persönlich empfängt uns. Er schüttelt jedem von uns die Hand und lässt sich geduldig fotografieren. Dann der traurige, teilweise tränenreiche Abschied von unseren Zugsbegleiterinnen und -begleitern. Zwei Wochen lang waren sie nur um unser Wohl bemüht, haben uns geholfen und so verwöhnt, dass wir uns kaum vorstellen können, wie wir zukünftig wieder ohne sie auskommen werden.
Wir steigen in den bereitgestellten Bus, winken, schicken Kusshändchen, machen ein letztes Foto und fahren Richtung Waterfront, dem restaurierten Hafen- und Werftviertel Kapstadts.
Unser First-Class Hotel befindet sich ganz in der Nähe und wir haben von unseren Balkons einen umwerfenden Blick auf den Atlantik und das Wahrzeichen Kapstadts, den Tafelberg.
Jetzt heißt es auch für unsere Gruppe von einander Abschied zu nehmen. Wir sind wieder in der Gegenwart gelandet und schätzen die technischen Errungenschaften von Social Media beim Austausch unserer Daten, um weiter in Verbindung zu bleiben.
Einige von uns fliegen tags darauf wieder in Ihre Heimatländer, andere verlängern für einige Tage in Kapstadt, mieten sich ein Auto oder fahren für einige Wochen mit dem Camper durch das nahegelegene Namibia.
Es war eine extrem beeindruckende Reise, die niemanden von uns kalt gelassen hat. Es gab so viele gemeinsame, prägende Erlebnisse, festgehalten auf tausenden Fotos, die wir sicherlich nie vergessen werden – und die anfänglichen Sorgen blieben mir fern - Hakuna matata!